Kulanz für Stapel

Diederik Stapel war vor kurzem ein bekannter Professor für die Sozialpsychologie an der Universität von Tilburg (UvT). Während seiner wissenschaftlichen Laufbahn hat er mehr als 130 Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Er wurde mehrmals mit Awards ausgezeichnet und beteiligte sich regelmäßig an der öffentlichen Debatte.

Nachdem sich eine Vermutung angesichts betrügerischer Handlungen durch Stapel bei wissenschaftlichen Studien ergeben hatte, gab Stapel zu, er habe in manchen Veröffentlichungen Daten erfunden. Er wurde fast auf der Stelle von der UvT beurlaubt. Ende August 2011 stellte eine Kommission fest, Stapel sei an “einem großangelegten, langwierigen Datenbetrug beteiligt, aufgrund dessen Menschen und namentlich junge, ihm anvertraute Forscher zu Beginn ihrer Karriere zutiefst getroffen seien. Dies sei ein besonders tadelnswertes Verhalten, infolge dessen die Wissenschaft und namentlich der Fachbereich der Sozialpsychologie in hohem Ausmaß geschädigt seien.”

Es erregt Erstaunen, dass die UvT mit der Entlassung von Stapel gewartet hat. Gleich nachdem Stapel gestand, Daten erfunden zu haben, hätte sein Arbeitgeber ihn fristlos entlassen können. Der Arbeitgeber darf ein Arbeitsverhältnis ab sofort kündigen, wenn sich der Arbeitnehmer “Unterschlagung, Betrug oder sonstige Verbrechen zuschulden hat kommen lassen, womit er sich des Vertrauens des Arbeitgebers als unwürdig erweist.”

Arbeitnehmer werden aus weitaus wenigeren Gründen entlassen. Schlagende Beispiele dafür sind der Catering-Mitarbeiter, der sich eine Tüte Erdnüsse stahl, oder der HEMA-Mitarbeiter, der nach der Feier seines 25jährigen Jubiläums ohne Bezahlung Motoröl mitgenommen hat. Gerade einen betrügerischen Professor hätte die Universität ohne viel Federlesens fristlos entlassen können.